Die ersten Wochen in Hong Kong haben sich leider dem Tempo
der Metropole angepasst und sind viel zu schnell vergangen. Das Studium ist
mittlerweile im vollen Gange und neben den Vorlesungen stehen zahlreiche
Assignments und Group Projects an. Als großer Fan einer geordneten Work-Life
Balance blieb jedoch noch genug Zeit Hong Kong weiter zu erkunden. Das Thema
„Work“ wird jetzt an dieser Stelle etwas vernachlässigt und sich mehr auf das
Thema „Life“ konzentriert.
Ryan, Camila und ich |
Und im Prinzip ging es auch so weiter...mittlerweile habe
ich mich auch in meiner WG gut eingelebt und zu einer neuen WG darf eine
dementsprechende Feier natürlich nicht fehlen. Die für Hong Kong Verhältnisse
doch relativ große aber dafür sehr günstige Wohnung wurde dann auch fast an ihr
Limit gebracht.
Blick aus dem Fenster meiner Mitbewohnerinnen |
Es bleibt noch zu erwähnen, dass es in dem Stockwerk unserer
Wohnung ein Bermuda Dreieck wie in der Serie „How I met your mother“ gibt. Nur
unser Bermuda Dreieck funktioniert wirklich. Es befindet sich im Treppenhaus,
das man natürlich aufgrund des 12. Stocks eher nicht nutzt. Wir konnten dort
schon ein komplettes Bett, eine Matratze oder auch einen Schrank abladen. Alles
war innerhalb eines Tages verschwunden und hatte einen neuen Besitzer gefunden.
Andersherum funktioniert es allerdings auch. Meine Mitbewohnerin Cansu hat vor
kurzen einen Miniaturtischkicker entdeckt und eingesammelt.
Da letzte Woche das Mid-Autumn Festival in vielen Ländern
Asiens gefeiert wurde, fanden am Donnerstag und Freitag keine Vorlesungen
statt. Während dieser Zeit werden besonders gerne die bekannten „Mooncakes“
verschenkt, die zumindest mir und auch den meisten anderen westlichen Freunden
überhaupt nicht schmecken. Trotzdem wollte ich mir die Feierlichkeiten mit ein
paar Kommilitonen im Victoria’s Park und im umliegenden Viertel nicht entgehen
lassen. Die lokalen Kinder tragen ähnlich wie in Deutschland an St. Martin Laternen in ihren Händen. Allerdings sind diese Laternen nicht so traditionell und so schön wie in Deutschland und werden auch nicht in liebevoller Arbeit mit Mama zusammen gebastelt, wie man auf weiter unten folgendem Bild unschwer erkennen kann. Aber diese Kinder wissen gar nicht, was ihnen entgeht, wenn man seine selbstgebastelte Laterne durch die Straßen voller Stolz mit einem Teelicht trägt und eine Mutter einen voller Sorge vor potenziellen Abfackeln der Laterne beobachtet.
Der Victoria's Park war voll mit Lampions und vielen anderen toll
geschmückten leuchtenden Objekten, wie z.B. lebensgroße leuchtende Tiere. Alles
funkelte oder erstrahlte und trotz der riesigen dichten Menschenmengen und der
tropischen Hitze, konnte man die Atmosphäre und die Farbenpracht durchaus
genießen. Da die angekündigten Drachen erst gegen 23 Uhr im Victorias Park
erscheinen sollten, versuchten wir die Drachen während ihres Marschs durch die
umliegenden Straßen zu „fangen“. Das umliegende Viertel „Tin Hau“ war mit
Fahnen und Lampions geschmückt und überall positionierten sich bereits Leute
und warteten auf die Drachen. Ich erwartete im Grunde eine Art Drachen aus
Stoff, in dem sich 4-5 Leute befanden und dieses Stoffgeflecht trugen. Ich
wurde eines anderen belehrt. Den Kopf des Drachen trugen allein ca. vier schreiende
Menschen und schwenkten ihn wild durch die Straßen. Der dahinter kommende Schwanz
des Drachen war ein riesiges langes Geflecht, das mit Räucherstäbchen bestückt
war und von dutzenden ebenfalls grölenden Leuten getragen und ebenso wild wie
der Kopf geschwenkt wurde. Diese wilde Choreographie, die Räucherstäbchen und
zusätzliches Getrommel anderer Begleiter des Drachen ließen das Urwesen in den
engen Gassen des Viertels wirklich zum Leben erwecken.
Fast schon etwas traurig: Aufblasbare Laterne |
Für Freitag war dann ein deluxes BBQ mit Ryan, Camila und
noch vier deutschen Austauschstudenten am Strand geplant. Hierfür begaben wir
uns erst mal auf Shopping Tour im eher westlichen Supermarkt „Taste“. Es wurden
keine Kosten gescheut, sodass wir sogar am Ende Nürnberger Würstchen kauften.
Jedoch schauten alle etwas verwundert als ich grünen Spargel und Bacon in den
Einkaufswagen gelegt hatte. Dieses leckere Kombination lernte ich bei meinem
Urlaub in San Diego bei meinem guten Freund Fabian im März kennen und mehr als
zu schätzen.
Mit dem weißten Audi Q5 von Ryan ging es dann zum relativ
abgelegenen Strand mit den BBQ Plätzen. Auf dem Weg dorthin sahen wir auch einige
freilaufende Kühe, die einem etwas ein Alpengefühl vermittelten,
Nachdem die Kohle glühte und die ersten Bissen getan wurden,
kamen die Nürnberger Würstchen bei Camila und Ryan besonders gut an. Jedoch
wurden die kleinen Bruzzler dann gnadenlos von meinem in Bacon gewickelten
Spargel geschlagen.
Alle waren von diesem „fancy food“ sehr beeindruckt. Im
Prinzip lässt sich der ganze Tag wie folgt zusammenfassen: Essen, Trinken, im
Meer schwimmen, Essen, Trinken, im Meer Planschen, Essen, Trinken und Lagerfeuer
am Strand. So stellt man sich ein Masterstudium vor.
Deutsches BBQ an einem Strand Hong Kongs |
Aber auch der Samstag sollte genutzt werden. Hierfür ging es
per Minibus, welche überall in Hong Kong herumfahren, nach Sai Kung. Nach einem
thailändischem Mittagessen mit unter anderem gutem Pad Thai, was mich stark an
die zwei Wochen Thailand mit meinen Nürnberger Kommilitonen erinnerte, ging es
per Taxi für ca. 20 Minuten weiter in die Natur Hong Kongs. Schließlich kamen
wir zu einem Staudamm an dem die Straße endete. Nun standen ca. 20 – 30 Minuten
Wandern auf dem Programm. Anfangs kreuzten auch hier Kühe unseren Weg. Nachdem
der erste Aufstieg geschafft und ca. 2 Liter Wasser verschwitzt wurden, wurde
die Tortur auch sofort mit einem sensationellem Ausblick auf unser Ziel, einem
weißen, fast einsamen Strand belohnt.
Der Abstieg zum Strand und die Vorfreude
auf eine Erfrischung in den hohen Wellen ließen den Weg schnell hinter sich
bringen. Der zuvor gewonnene Eindruck von oben bestätigte sich schließlich. Ich
entdeckte Hong Kong von einer neuen völlig naturbehaften Seite. Es ist wirklich
unglaublich, dass man innerhalb von ca. 30 bis 45 Minuten von einer
pulsierenden völlig überfüllten Metropole durch die Einsamkeit wandern und an
einem weißen Strand das Leben genießen kann. Für zusätzlichen Spaß sorgten die
extrem hohen Wellen, die sich wahrscheinlich aufgrund des anstehenden Taifuns
zu riesigen Wänden auftürmten.
Traumhafter Blick nach intensivem Aufstieg |
Glücklicherweise richte der bisher stärkste Taifun dieses
Jahres in Hong Kong keine größeren Schäden an. Die Windstärke und der Regen von
Sonntag Nacht auf Montag Morgen waren auf jeden Fall beeindruckend. Der Taifun
wurde mit einer 8 auf einer Skala von maximal 10 Stufen gewertet. Dies hatte
zur Folge, dass am Montag die Vorlesungen ausfilen, was mir nicht wirklich
gelegen kam. Der verpasste Stoff wird nun an einem Samstag und am Chinese
National Day (einem Feiertag) nachgeholt.
Meine Zeit hier in Asien weiß ich bisher mehr als zu
schätzen. Ich nehme die Erfahrungen nun, aufgrund der doch etwas wenig freizeitbehafteten
Zeit in Düsseldorf, viel intensiver als damals während meines Bachelor Studiums
war und versuche jeden Augenblick zu genießen. Da man sich sehr schnell an das
Leben hier gewöhnt, versuche ich mir zumindest mindestens einmal pro Tag bewusst
zu werden, was für ein Privileg diese Zeit und diese Erfahrungen mal wieder
sind.
Das folgende Video hat wie die oberen Beschreibungen den „Life“
Teil meiner Zeit hier in Hong Kong im Fokus.
Hong Kong - September 2013...so far from OliverM on Vimeo.